Aus dem Sanella-Album Australien Neuseeland

=========================================

Seite 45

"Die Gefangenen, die zum Bäumeschlagen eingeteilt waren, wurden nachts mit Ketten an die Stämme gefesselt, damit sie nicht fortliefen. Dabei waren es nur in wenigen Fällen wirkliche Verbrecher. Viele waren zur Verbannung verurteilt worden, weil sie eine andere politische Meinung hatten. Auch Wilddiebe waren dabei, oder Leute, die aus Hunger Brot gestohlen hatten. Die Strafen waren in jenen Jahren hart und oft ungerechter, als das Unrecht, das die Sträflinge begangen hatten!" erzählt uns ein alter Freund Vaters, den wir in Sydney besuchen. "Selbstverständlich versuchten viele zu fliehen. Manchen gelang es, und manche wurden wieder eingefangen. Aber diejenigen, die entkamen, machten entweder als Buschräuber das Land unsicher oder - bebauten es mit Weizen, züchteten Rinder und Schafe und drangen Meile für Meile in den unbekannten Busch vor."

.

Buschräuber und Teddybären

Zwei Tage später fahren wir weiter. Quer durch die Blauen Berge geht es nach Westen. Ich habe es nie geglaubt, wenn Vater davon erzählte, aber hier sind die Berge wirklich blau! Auch der Wald, der die tief eingeschnittenen Täler ausfüllt, hat einen bläulichen Schimmer. Nur die Felsen, die Hunderte von Metern senkrecht in die Tiefe stürzen, leuchten tiefrot. Es ist eine großartige Landschaft - und das Ganze nur wenige Autostunden vom Großstadtgetriebe Sydneys entfernt! Hart am Abgrund führt die Straße entlang. Immer wieder Kurven, Kurven, Kurven! Alle zwei Stunden wechseln wir uns beim Fahren ab. Jetzt ist gerade Klaus dran. Er fährt, als wäre ich schon wieder von einer Todesotter gebissen! Gott sei Dank - da steht jemand an der Straße und möchte mitgenommen werden! Klaus hält, und der Mann steigt ein. Dieser trägt eine randlose Brille und sieht aus wie Präsident Truman. Er bietet uns ein paar Keks an. Sie schmecken, als stammten sie noch aus Kapitän Cooks altem Schiffsproviant. "Halte mal!" sagt Keks=Truman, als wir an einer tiefen Schlucht vorüberfahren. "Hier in dieser Gegend machten vor fast 100 Jahren Banden von Buschräubern die Straßen unsicher. Es waren verwegene Burschen, die Tod und Teufel nicht fürchteten. Die meisten dieser Kerle waren bei den kleinen Farmern sehr beliebt, weil sie nur die reichen Viehzüchter ausplünderten und die armen Pächter ungeschoren ließen. Sie überfielen Postkutschen und Banken, und dabei ging es nicht immer sehr zart zu. Einmal wurde eine schwerbewachte Postkutsche auf einer einsamen Bergstraße angegriffen. Da sich die Männer erbittert verteidigten, erschoß man sie. Gerade als der letzte Mann eine Kugel bekommen sollte, entdeckte man in der Kutsche eine junge Dame. Sofort stellten die Buschrangers das Feuer ein. Der Mann wurde am Leben gelassen, unter der Bedingung, daß er die Dame sicher nach Hause fahren müßte!"

..

 Bildrückseite 58

Bildrückseite 59